Dritthaftung des Abschlussprüfers – OGH erleichtert Kausalitätsbeweis

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Der Abschlussprüfer haftet grundsätzlich gegenüber der geprüften Gesellschaft für die Richtigkeit des Bestätigungsvermerks. Nach ständiger Rechtsprechung haftet er allerdings auch Gläubigern der Gesellschaft, die im Vertrauen auf die Richtigkeit des Bestätigungsvermerks wirtschaftliche Dispositionen tätigen. Den Beweis für die Kausalität hat nach allgemeinen Grundsätzen der geschädigte Gläubiger zu erbringen.

In einigen, kürzlich ergangenen Entscheidungen hat der OGH den Kausalitätsbeweis nun erleichtert (10 Ob 46/13g; 10 Ob 48/13a u.a). Es handelt sich dabei ausschließlich um geschädigte Anleger. Diese tätigten eine Anlage, die – aufgrund der eingetretenen Insolvenz des Emittenten – wertlos wurden. Die Anleger verlangten Schadenersatz vom Abschlussprüfer, weil dieser für die Jahre vor dem Investment (zu Unrecht) uneingeschränkte Bestätigungsvermerke erteilt hätte, obwohl die Voraussetzungen dafür gar nicht vorlagen.

Der OGH bejahte die Haftung des Abschlussprüfers dem Grunde nach. Dies ist bemerkenswert, weil die Anleger nach den gerichtlichen Feststellungen die Jahresabschlüsse des Emittenten gar nicht gelesen hatten. Sie wussten vor dem Schadenersatzprozess teilweise gar nicht, was ein Bestätigungsvermerk überhaupt ist. Der OGH bejahte die Kausalität jedoch deshalb, weil sich ein eingeschränkter oder verweigerter Bestätigungsvermerk „rasch am Kapitalmarkt verbreitet und so zu einer Kaufwarnung geführt“ hätte. Auch hätte der die Kläger beratende Anlageberater, der die Entwicklung der Veranlagungen verfolgt hatte, die Kläger sofort gewarnt.

Diese Rechtsprechung ist kritisch zu hinterfragen. Sie läuft faktisch auf eine Beweislastumkehr zu Lasten des Abschlussprüfers hinaus. Der Gegenbeweis, dass der Bestätigungsvermerk für die Anlageentscheidung nicht kausal war, ist praktisch kaum zu erbringen. Schließlich liegen die Umstände, die für die Anlageentscheidung gesprochen haben, in der Sphäre des Anlegers und sind dem Abschlussprüfer nicht zugänglich. Wenn der Anleger auf die Jahresabschlüsse und den Bestätigungsvermerk tatsächlich vertraut hat, dann sollte ihm – wie in vergleichbaren Konstellationen – der Beweis dafür zumutbar sein.

Die Rechtsprechung darf im Übrigen nicht unbesehen auf andere Konstellationen übertragen werden. Festzuhalten ist, dass die Begründung des OGH sich auf Anlegersachverhalte bezieht. Wesentliche Begründungselemente sind die rasche Verbreitung von Informationen auf dem Kapitalmarkt und die Marktbeobachtung durch fachkundige Anlageberater. Diese Erwägungen sind nicht auf andere Gläubiger der Gesellschaft übertragbar. Die Frage eines Anlegerschadens stellt sich nur bei Emittenten von Wertpapieren oder Veranlagungen. Daneben stellt sich die Frage der Abschlussprüferhaftung aber bei jedem anderen Unternehmen hinsichtlich der Gläubiger, die z.B. mit dem Unternehmen eine Vertragsbeziehung eingehen. Diese Gläubiger beziehen idR vom Unternehmen keine Leistungen, für die ein Kapitalmarkt besteht oder eine Kaufempfehlung eines (Anlage-)Beraters vorliegt. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Einschränkung oder Verweigerung des Bestätigungsvermerks ohne weiteres („von selbst“) bei allen Gläubigern der Gesellschaft herumspricht. Dies würde eine unzulässige völlige Umdrehung des Kausalitätsbeweises bedeuten. Die Entscheidungen des OGH sind vielmehr auf kapitalmarktbezogene Sachverhalte zu beschränken. Die Begründung für die Beweiserleichterung des geschädigten Anlegers überzeugt aber auch insgesamt nicht.

 

Ihr Ansprechpartner: Dr. Florian Linder