Berechtigte Auflösung durch den Handelsagenten (OLG Wien 27. 12. 2017)

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Immer wieder stellen sich im „Vorfeld“ einer Vertragsauflösung durch den Handelsagenten diffizile Fragen: genügt das konkrete Fehlverhalten des Geschäftsherrn, wie viel Provision muss offen sein, reicht eine Verschlechterung der Kommunikation? Mehr dazu …

 

Ein Handelsagent hat nicht nur selbst Mode entworfen und mit dem Lieferanten einen Tantiemenvertrag abgeschlossen; er hat auch die Kunden akquiriert und Geschäfte vermittelt. Leider war der Lieferant nicht in der Lage, die aussichtsreiche Aufbauarbeit des Agenten zu nutzen. So wurde verspätet bzw. mangelhaft ausgeliefert, Muster wurden nicht beigebracht, die – teilweise offenen – Abrechnungen musste der Agent selbst schreiben, die Kommunikationsbasis verschlechterte sich mehr und mehr.

 

Mittels Schreiben seines Rechtsanwalts löste der Agent die Zusammenarbeit fristlos auf und zog mit seinen Ansprüchen vor Gericht. Mittlerweile war die Angelegenheit zweimal beim Oberlandesgericht.

 

Im ersten Rechtsgang hat das OLG angeordnet, die Umstände der Beendigung bzw. die genauen Gründe dafür zu klären. Denn entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts hat der Handelsagent keinen Anspruch auf ordentliche Ausführung der von ihm vermittelten Geschäfte.

 

Das kann man durchaus so sehen, da der Agent ja durch seinen Provisionsanspruch abgesichert ist. Er behält ja den Anspruch für – dem Kunden gegenüber – bestätigte Geschäfte, weil der Geschäftsherr für die mangelnde Auslieferung verantwortlich ist. In praktischer Sicht wäre aber schon auch zu berücksichtigen gewesen, dass der Ruf des Agenten durch permanente Probleme in der Auslieferung stark leidet und ihm daher eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar sein kann. Dieser Aspekt wurde vom OLG aber nicht aufgegriffen.

 

Im zweiten Rechtsgang wurde dann klargestellt, dass (schon) die mangelnde Abrechnung einen Grund für die sofortige Auflösung darstellt.

 

Achtung: der Agent sollte zuvor die Abrechnung anfordern bzw. anmahnen – ein Zustellnachweis sollte unbedingt vorliegen, eine bloße Email reicht nicht.

 

Für den konkreten Fall wurde dies also bejaht, d.h. dem Handelsagenten steht ein Schadenersatz für die – ihm nicht mehr zumutbare – Restlaufzeit zu. Diese betrug im konkreten Fall (aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarung) immerhin 1 ½ Jahre.

 

Das OLG hat zwar das – für den Agenten positive – Urteil wieder aufgehoben; allerdings nur um die Grundlage der Berechnung festzustellen. Diesbezüglich fanden sich zwei unterschiedliche Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil, womit eine Klärung erforderlich ist.

 

Dieser Fall zeigt sehr anschaulich, wie sich die Gerichte oft „step by step“ den entscheidenden Rechtsfragen annähern (müssen), was für die Verfahrensparteien natürlich äußerst aufreibend ist – und das in jeder Hinsicht, insb. auch in finanzieller. Es hat durchaus seinen Grund, dass vor Jahren ein Spezialprodukt für einen Rechtsschutz für Handelsagenten geschaffen wurde, nämlich bei der Zürich-Versicherung (mehr unter http://www.handelsagenten-versicherungen.at/das-produkt/).

 

Ihr Ansprechpartner: RA Dr. Gustav Breiter