Konkurrenzverbot eines Händlers gilt nicht für Angestellte (OGH 24. 5. 2023) – was heißt das für sales agents?

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Ein Händler hatte mit seinem Lieferanten ein Wettbewerbsverbot vereinbart. Die im Betrieb beschäftigte Ehefrau hielt sich jedoch nicht daran…

Ein österreichisches Unternehmen war für einen spanischen Lieferanten für Gleitschirme und Zubehör als Händler tätig. Der Vertrag enthielt ein Wettbewerbsverbot zulasten des österreichischen Unternehmens.

Der Geschäftsführer des Händlers beschäftigte in seinem Betrieb auch seine Ehefrau. Diese war bereits zum Zeitpunkt des Beginns dieser Anstellung für Konkurrenzbetriebe tätig. Als der spanische Lieferant dies in Erfahrung brachte, kündigte er den Vertrag fristlos.

Der Händler stellte sich nun auf den Standpunkt, dass dies unwirksam sei und dass der Vertrag noch sechs Monate weitergelaufen wäre. Das Erstgericht folgte dieser Argumentation. Die Wettbewerbsklausel könne man nicht so weit sehen, dass auch Angestellte davon betroffen wären. Wie weit die Ehefrau Zugang zu Kundendaten gehabt hätte, konnte nicht festgestellt werden.

Das Berufungsgericht hat dies anders gesehen. Die Tätigkeit der Ehefrau sei dem Geschäftsführer (und damit dem Händler) zurechenbar. Die Anstellung geht ja auf seine Entscheidung zurück. Das Verhalten von Geschäftsführern oder Prokuristen ist der Gesellschafter zurechenbar. Er hätte dieses Anstellungsverhältnis erst gar nicht begründen dürfen und hat dadurch zumindest konkludent die Konkurrenztätigkeit bewilligt. Damit hat er selbst das Konkurrenzverbot verletzt. Er als Geschäftsführer hätte es in der Hand gehabt, das vertragswidrige Verhalten zu verhindern. Nur durch die Zurechnung könne man die Aushöhlung des Konkurrenzverbots durch ein „Doppelspiel“ verhindern.

Der Oberste Gerichtshof hat diese Entscheidung erstaunlicherweise wieder „umgedreht“. Das Konkurrenzverbot binde nach seinem klaren Wortlaut nur die Gesellschaft als solche. Ein Verstoß gegen das Konkurrenzverbot läge nur vor, wenn die Vertragsauslegung zum Ergebnis führen würde, dass das Verbot entgegen seinem Wortlaut auch alle Mitarbeiter des Händlers umfassen soll. Es wäre den Vertragsparteien ein Leichtes gewesen, eine solche Formulierung zu wählen, die sämtliche Mitarbeiter des Händlers von der Konkurrenzklausel umfasst.

Der spanische Lieferant hat den Vertrag also zu Unrecht aufgelöst. In weiterer Folge begehrt nun der Händler Rechnungslegung über die in der Zwischenzeit erfolgten Verkäufe, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

Für sales agents (Handelsagenten) kann man aus dieser Entscheidung aber nicht ableiten, dass nun Umgebungen Tür und Tor geöffnet wären. Er unterliegt einem Konkurrenzverbot nämlich nicht nur dann, wenn dieses vertraglich vereinbart wurde, sondern vielmehr umgekehrt schon nach dem Gesetz. Dies gilt für das österreichische Recht und auch für die meisten europäischen Rechtsordnungen. Hilfspersonen und auch Subagenten werden dem sales agent zugerechnet. Wir hatten auch schon Fälle vor Gericht, in denen der durchaus junge und unerfahrene Sohn eines sales agent eine Konkurrenzvertretung übernommen hatte (und der Sohn sogar auf der Messe am Nachbarstand des Vaters aufgetreten war). Die Reaktion des Richters war, dass dies nach einer Umgehung förmlich „rieche“. Wir konnten zwar einen Vergleich erzielen, der Ausgleichsanspruch war aber reduziert.

Es zeigt sich also, dass eine vertriebsrechtliche Entscheidung wie hier zu einem Händler nicht ohne weiteres auf sales agents umgelegt werden kann. Vor „kreativen“ Umgehungslösungen ist ohnehin stets zu warnen, da diese in aller Regel nicht nur offenkundig sind, sondern rechtlich in der Regel nicht „halten“.

 

Ihr Ansprechpartner: RA Dr. Gustav Breiter

 

Siehe auch die bisherigen Beiträge unter:

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