Provisionsanspruch auch ohne Handelsagentenvertrag? (LG Stuttgart 23. 3. 2018)

· · · | Vertriebsrecht

Bisweilen „starten“ Handelsagent und Geschäftsherr eher „lose“, also ohne Vertrag und ohne feste Vereinbarung. Kommen dann die ersten Geschäfte zustande, will so mancher Geschäftsherr von einer Provision nichts mehr wissen….

Nicht in allen Fällen hat ein Handelsagent bereits zu Beginn seiner Tätigkeit einen schriftlichen Vertrag „in der Tasche“. Bisweilen soll der Agent „testweise“ bei einem bestimmten, potentiellen Kunden „vorfühlen“. Man hat etwa auf einer Messe eine mögliche Zusammenarbeit besprochen und der Vertrag soll „dann später“ gemacht werden. Manchmal sind es private Kontakte und Gespräche, aus denen sich eine Unterstützung durch den Handelsagenten ergibt. Man werde dann ja sehen, ob man vielleicht zusammenarbeiten möchte.

Nicht in allen Fällen wird daraus etwas, insb. wenn man in weiterer Folge hinsichtlich der Konditionen nicht zusammen kommt. Oder der „vorpreschende“ Abteilungsleiter oder Verkaufsdirektor kriegt nicht die Zustimmung der Geschäftsführung. Oder er hat leider nicht bedacht, dass es bereits einen anderen Vertriebspartner gibt, der ein Exklusivrecht hat. Oder der Geschäftsherr wollte die Kontakte bloß ausnützen. Oder er hat Probleme, schon das erste Geschäft zu erfüllen, woraufhin der Handelsagent lieber doch nicht mit ihm zusammenarbeiten möchte etc. etc.

In all diesen Fällen stellt sich die Frage, ob der Handelsagent dennoch einen Provisionsanspruch wenigstens für dieses erste Geschäft hat (das ja durchaus ein erhebliches Volumen erreichen kann).

Im konkreten Fall hat der Geschäftsherr die Provisionszahlung für eine Grundstücksvermittlung mit dem Argument verweigert, dass der spätere Vertriebsvertrag (über die zu errichtenden Wohnungen) nicht zustande gekommen ist. Und es sei doch bloß ein privater Kontakt gewesen.

Es ging also um den Bereich der Immobilienvermittlung; der Fall ist aber verallgemeinerungsfähig, das rechtliche Ergebnis gilt auch für Agenten. Denn das Landgericht Stuttgart hat in aller Deutlichkeit ausgesprochen, dass ein Kaufmann für Vermittlungsgeschäfte grundsätzlich einen Provisionsanspruch hat. Nichts anderes gilt nach österreichischem Recht, sieht doch auch hier § 354 UGB eine Entgeltlichkeit vor.

Wenn also ein Unternehmer in Ausübung seines Gewerbes handelt und dies ist dem anderen Teil erkennbar, steht eine Provision zu. Die Vermittlungstätigkeit muss nicht explizit beauftragt sein, es genügt die Duldung seiner Mitwirkung beim Zustandekommen dieses Geschäfts. Dies gilt umso mehr wenn auch der Teil, der die Leistung entgegen nimmt, Unternehmer ist. Es ist dann für beide Unternehmer ersichtlich, dass Leistungen grundsätzlich entgeltlich erbracht werden. Dem Leistungsempfänger muss also (nur) bewusst sein, dass der Vermittler (auch) im Bereich der Vermittlung von Geschäften gewerblich tätig ist.

Bei erfolgreicher Vermittlung steht nur dann keine Provision zu, wenn dies tatsächlich vereinbart worden wäre. Das wird nur selten der Fall sein.

Die Höhe der Provision richtet sich nach dem ortsüblichen Satz. Darüber kann zwar auch trefflich gestritten werden. War der Handelsagent aber schon bisher in dieser Branche tätig, kann aus seinen Provisionseinkünften recht einfach auf die ortsübliche Höhe geschlossen werden.

Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter

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