Hat die Corona-Krise Auswirkungen auf das Kfz-Leasing eines Handelsagenten?

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In den Medien wurde in den letzten Wochen diskutiert, inwiefern die Corona-Krise Auswirkungen auf Mietverträge hat, insb. dass der Mietzins entfallen kann. Wie weit dies für das Kfz-Leasing einer Handelsagentur gilt, soll hier erörtert werden…

 

Im Zusammenhang mit Mietverträgen wird stets auf die Regelungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) verwiesen. Dort findet sich mit § 1104 eine Bestimmung, die auf die Unbenützbarkeit des Mietgegenstands (unter anderem) wegen „Seuche“ abstellt:

 

Wenn die in Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle, als Feuer, Krieg oder Seuche, großer Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen Mißwachses gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann, so ist der Bestandgeber zur Wiederherstellung nicht verpflichtet, doch ist auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten.

 

Mit anderen Worten: kann der Mietgegenstand wegen einer Seuche nicht benützt werden, ist kein Mietzins zu bezahlen. Im Zusammenhang mit der Corona-Krise wird daraus überwiegend abgeleitet, dass Mieter von Geschäftslokalen aufgrund der aktuellen Situation keine Miete bezahlen müssen. Das sei in der Praxis in der Vergangenheit auch z.B. bei Hochwasser unstrittig gewesen. Ist der Mietgegenstand wegen Hochwasser unbrauchbar geworden, sei es stets klar gewesen, dass kein Mietzins zu bezahlen sei. Die Corona-Krise liegt zwar etwas anders: denn dort ist in der Regel der Mietgegenstand als solcher nicht „verseucht“, sondern es besteht „nur“ ein (jüngst gelockertes) Betretungsverbot, wonach die Kunden das Geschäftslokal nicht besuchen dürfen. Dieser Unterschied sei nach Ansicht so manchen Rechtsprofessors aber nicht relevant. Es müsse „zumindest zu einer teilweisen Mietzinsminderung“ kommen – was immer das betraglich heißt.

 

Mangels einschlägiger Erfahrungen mit Seuchen gibt es zu diesen Fragen keine klarstellende Rechtsprechung. Immerhin wurde bereits entschieden, dass der Mietzins entfällt, wenn der Ertrag wegen behördlicher Beschränkungen wegfällt (GH 1916, 140). Ob dies auch gilt, wenn kein Betretungsverbot besteht, die Kunden aber wegen Corona schlicht ausbleiben, ist aber eine andere Frage.

 

Die ersten Gerichtsentscheidungen zum Thema wird man abwarten müssen. Dies gilt umso mehr als Objekte bisweilen für einen bestimmten Zweck oder allgemein für „gewerbliche Zwecke“ angemietet werden – auch das kann einen Unterschied machen. Der bestimmte Zweck kann unmöglich geworden sein, für allgemeine gewerbliche Zwecke taugt das Mietobjekt aber allemal.

 

Dazu kommt, dass Mietverträge bisweilen Regelungen enthalten, die vom ABGB abweichen. Und dann ist nicht nur der § 1104 ABGB auszulegen, sondern auch die im jeweiligen Einzelfall verwendete Klausel im Mietvertrag. Allgemein und einseitig formulierte Regelungen werden – aus Vermietersicht gesprochen – häufig nicht ausreichen, es bleibt dann beim Entfall des Mietzinses. Soll der Mieter das Risiko von Seuchen, Hochwasser, Pandemien etc. alleine tragen, kann dies – insb. bei vorformulierten Verträgen – als sittenwidrig beurteilt werden.

 

Mietrechtliche Bestimmungen werden häufig auch für den Bereich des Leasings herangezogen. Dies gilt insb. für ein sog. Operating-Leasing oder auch bei Finanzierungsleasing. Wurde der Leasingvertrag für unbestimmte Dauer geschlossen und ist er jederzeit kündbar, stellen dies gewichtige Kriterien für das Vorliegen eines Mietvertrags dar (RS0020782).

 

So hat der Oberste Gerichtshof in 5 Ob 663/82 den Entfall des Mietzinses für einen geleasten LKW und einen Autotransporter bejaht. Diese waren im Jahr 1978 in Teheran im Zuge der dortigen Unruhen in Brand gesetzt (und damit gänzlich unbrauchbar) geworden.

 

Zu fragen ist nun, ob dies auch für ein geleastes Kfz eines Handelsagenten in der Corona-Krise gilt. Der Unterschied zum in Brand geratenen LKW in der genannten Entscheidung liegt auf der Hand: das geleaste Kfz ist nicht in Brand geraten (und hoffentlich auch nicht verseucht). Der Handelsagent leidet vielmehr unter den Bewegungseinschränkungen bzw. dem damit verbundenen mangelnden Kundenkontakt.

 

Das ABGB spricht aber davon, dass die Bestandsache (als solche) nicht gebraucht oder benutzt werden kann. Das Kfz als solches ist aber nicht unbrauchbar geworden, sondern „nur“ der damit verbundene Zweck vereitelt.

 

In diese Richtung geht auch eine Entscheidung aus dem Jahr 1915, wonach ein Mietzins zu zahlen ist, auch wenn aufgrund des Kriegs mit dem Geschäftslokal kein Ertrag mehr zu erzielen war (GlUNF 7383).

 

Nichts anderes gilt auch hier: aufgrund der Auswirkungen der Corona-Krise sind die Ertragschancen des Agenten (derzeit) eingeschränkt oder sogar bei null. Der genannten Entscheidung folgend, wäre das Leasingentgelt aber dennoch zu bezahlen.

 

Dazu kommt noch: der Agent kann das geleaste Kfz nur, aber immerhin für Privatzwecke verwenden (was er i.d.R. auch tun wird). Insofern kann die Pflicht, das Leasingentgelt zu bezahlen, unmittelbar aus dem Wortlaut des § 1104 ABGB abgeleitet werden. Denn das Gesetz spricht davon, dass die Sache „gar nicht“ gebraucht oder benutzt werden kann (siehe oben).

 

Im Ergebnis spricht also leider vieles dafür, dass die Kfz-Leasingrate auch während der Corona-Krise weiter zu bezahlen ist.

 

Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter

 

Siehe auch die bisherigen Beiträge unter

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