DK, NOR und UK: andere Länder, andere Rechte

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Obgleich es eine EU-Handelsagentenrichtlinie gibt, unterscheiden sich die einzelnen nationalen Rechte bisweilen erheblich – und mit ihnen die dazu ergangene Rechtsprechung. Ein kurzer Blick auf drei Entscheidungen…

 

Dänemark:

 

Ein dänischer Geschäftsherr aus dem Bereich Bekleidung/Mode hat seinen Agenten fristlos gekündigt und eine Ausgleichszahlung verweigert. Der Agent hatte ohne Zustimmung des Geschäftsherrn eine Konkurrenzvertretung aufgenommen. Darin sah der Geschäftsherr einen Vertragsverstoß.

 

In der Vergangenheit jedoch hatte der Geschäftsherr neu aufgenommene Konkurrenzvertretungen stillschweigend toleriert. Es war auch durchaus bekannt, dass der Agent ein „multi-brand agent“ war. Der Agent verteidigte sich also damit, dass der Lieferant stillschweigend zugestimmt hätte.

 

Das dänische Höchstgericht ist dem nicht gefolgt. Die vertragliche Vereinbarung, wonach eine schriftliche Zustimmung erforderlich ist, gehe dem vor. Diese Bestimmung im Vertrag sei auch nicht stillschweigend abgeändert worden.

 

Diese Entscheidung wäre nach österreichischem oder auch deutschem Recht wohl anders ausgefallen. Denn selbst wenn man keine stillschweigende Zustimmung auch für zukünftige Vertretungen annehmen wollte, hätte der Geschäftsherr den Agenten vor einer fristlosen Beendigung zumindest abmahnen müssen. Der Agent hätte dann wenigstens die Chance gehabt, sich in einem ersten Schritt zu positionieren bzw. allenfalls das in Frage stehende Konkurrenzverhältnis zu beenden (je nach Verlauf der Diskussion und Gewicht der einzelnen Vertretungen).

 

Norwegen:

 

Ein norwegischer Vermittler hatte über 20 Jahre eine Marke aufgebaut und betreut. Als der Geschäftsherr in den letzten Jahren verstärkt an Supermärkte lieferte, begannen die Kunden (nämlich 3 große Ketten) über ihre Einkaufszentralen zu bestellen. Die Bestellungen erfolgten auf elektronischem Weg und dies automatisch.

 

Das norwegische Recht stellt in seiner Definition eines Handelsagenten darauf ab, ob der betreffende Vermittler Aufträge beschafft. Das norwegische Berufungsgericht hat entschieden, dass dies nicht der Fall sei, da die Bestellungen automatisch erfolgten. Die Sache liegt nun beim obersten Gerichtshof, mit einer Entscheidung ist im Laufe des Jahres zu rechnen.

 

Nach österreichischem (und auch deutschem) Recht wäre dies differenzierter zu sehen. Es würde darauf ankommen, wo die Kaufentscheidung erfolgt ist (Filiale oder Zentraleinkauf) und wer die Filialen bzw. die Zentrale ursprünglich als Kunden geworben hat. Der Fall zeigt jedenfalls, wie rasch ein Fall „in eine Richtung abbiegen“ kann, wenn ein Gericht ohne weitere Differenzierung nur auf ein Kriterium abstellt.

 

UK:

 

Nach dem Recht des UK ist Handelsagent nur, wer Geschäfte über Waren vermittelt. Die Handelsagenten-Richtlinie lässt den einzelnen Mitgliedstaaten die Wahl, ob sie auch die Vermittlung von Dienstleistungen erfassen. So wie in UK, also nur die Vermittlung von Waren zu erfassen, haben sich auch Dänemark, Finnland, Irland, Luxemburg, Norwegen, Schweden und Zypern entschieden. In Österreich und Deutschland sind auch ständig betraute Vermittler von Dienstleistungen als Handelsagenten anzusehen.

 

Nun ist es in UK eine jahrelange Diskussion, inwieweit Softwareverträge, also z.B. auch die Einräumung einer zeitlich unbegrenzten Nutzungslizenz als Kauf zu werten ist. Dazu hat der Supreme Court ein sog. Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet. Mit der Entscheidung ist in Kürze zu rechnen. Der Generalanwalt des EuGH, dem in vielen Fällen gefolgt wird, hat sich am 17. 12. 2020 dafür ausgesprochen, die Handelsagenteneigenschaft anzuerkennen. Man wird sehen, ob der EuGH dem folgt.

 

 

Diese Entscheidungen belegen die Unterschiede in den einzelnen Rechtsordnungen aber auch die stete Fortentwicklung des Handelsagentenrechts. Vertritt der Handelsagent einen auswärtigen Prinzipal und ist die Geltung auswärtigen Rechts im Agenturvertrag vereinbart, kann er von diesen oder ähnlichen Fragestellungen unmittelbar betroffen sein.

 

 

Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter

 

Siehe auch die bisherigen Beiträge unter:

https://www.wko.at/branchen/handel/handelsagenten/newsletter-contact-plus.html