Zur fristlosen Beendigung eines Agenturvertrags (LG Frankfurt a.M. 25. 5. 2018)

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Bisweilen kommen unterschiedliche, vermeintliche oder tatsächliche Verstöße eines Agenten zusammen, die dann im Ergebnis zu einer fristlosen Vertragsauflösung durch den Geschäftsherrn führen. Ob diese berechtigt ist, hängt von verschiedenen Umständen ab.

Im konkreten Fall kam es in der Zusammenarbeit zwischen einem Versicherungsagenten und dem Versicherungsunternehmen zu Problemen. Die Ausführungen gelten gleichermaßen für einen Handelsagenten, da die Rechtsgrundlagen dieselben sind.

Angesichts des Verhaltens des Agenten war „einiges zusammen gekommen“. Da war zunächst eine Email des Agenten an einen Geschäftspartner (auch) des Versicherungsunternehmens (VU). Der Inhalt war – gelinde gesagt – grob beleidigend. Der Agent wurde deshalb abgemahnt. Weiter hatte er gegen das vertraglich vereinbarte Verbot der Provisionsweitergabe verstoßen; auch dies war abgemahnt worden. Diese Abmahnungen waren am 7. 10. 2015 und am 2. 12. 2015 erfolgt. Danach warf das VU dem Agenten vor, Versicherungsanträge für Familienmitglieder eingereicht zu haben, die als „Eigengeschäfte“ nicht provisionspflichtig seien. Nachdem der Agent Stellung genommen hat – und sich quasi entschuldigt hat – sprach das VU am 9. 12. 2015 die fristlose Auflösung aus.

Der klagende Agent machte einen Schadenersatz- und Ausgleichsanspruch geltend. Das Gericht hat diejenigen Verstöße, die bereits abgemahnt worden waren, nicht als Begründung für eine – im Nachhinein dann doch erfolgte – fristlose Beendigung angesehen. Diese Verstöße waren mit der Abmahnung sozusagen „erledigt“. Das abgemahnte Verhalten begründet auch kein Mitverschulden an der späteren fristlosen Beendigung. Die „Eigengeschäfte“ hingegen waren gar nicht untersagt gewesen, insofern war die Beendigung auch aus diesem Grund nicht berechtigt.

Dem Agenten wurden also – dem Grunde nach – ein Schadenersatz und auch ein Ausgleich zuerkannt. Der Schadenersatz umfasst dabei auch die entgangenen Jahresaufträge, die die Kunden bei Kenntnis vom Ausscheiden des Agenten vorweg erteilt hätten. Nähere Details bleibt die Entscheidung zwar schuldig, dessen ungeachtet ist der Ansatz auch für andere Branchen interessant. So ließe sich etwa für Energielieferverträge argumentieren, dass die Kunden angesichts einer angekündigten Strompreiserhöhung vorweg Verlängerungsverträge zum alten Tarif abgeschlossen hätten.

Der Agent hatte weiter einen Buchauszug geltend gemacht. Dieser Anspruch ist zwar von der Beendigungsart unabhängig. Dennoch trifft das Gericht durchaus interessante und verallgemeinerungsfähige Aussagen. So steht dem Buchauszug nicht entgegen, dass der Agent die Provisionsabrechnungen über mehrere Jahre hinweg widerspruchslos hingenommen hatte. Weiter sei es dem Agenten überlassen, zu beurteilen, welche Informationen er zur Überprüfung seines Provisionsanspruchs benötigt. Eine Angabe darf nur dann verweigert werden, wenn diese offenkundig nicht benötigt wird, um die Provisionen zu prüfen.

Die Entscheidung bestätigt, dass eine fristlose Kündigung durch den Geschäftsherrn strengen Erfordernissen unterliegt. Dass ein abgemahntes Verhalten nicht einmal als Mitverschulden des Agenten anzusehen ist, ist eine hilfreiche Aussage – ebenso dass im Rahmen des Schadenersatzes auch vorweggenommene Aufträge eine Rolle spielen können. Und zum Buchauszug bekräftigt die Entscheidung die bisherige Judikatur. Insgesamt ist die Entscheidung, die auch für das österreichische Recht herangezogen werden kann, als für die Agentenschaft durchaus positiv zu bezeichnen.

Ist ein Agent von einer Vertragsauflösung durch den Geschäftsherrn betroffen, sollte er freilich rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen, bevor er selbst irgendwelche Schritte setzt.

Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter