Andere Länder, andere rechtliche Sitten: Provisionsanspruch nach Schweizer Recht (Handelsgericht St. Gallen vom 9. 2. 2018)

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Darf die Provision reduziert werden, wenn der Geschäftsherr schlecht geliefert hat und der Kunde weniger bezahlt? Mit dieser Fragestellung sind Handelsagenten immer wieder konfrontiert, die Rechte des Handelsagenten hängen vom anwendbaren Recht ab.

So hat ein Schweizer Hersteller seinem Handelsagenten eine Provision mit der Begründung verweigert, dass der Hersteller Nachbesserungen durchführen und Preisreduktionen gewähren musste. Dadurch sei das betreffende Geschäft ein Verlust geworden. Im Vertrag nach Schweizer Recht stand folgende Klausel: „Sollte es zu irgendwelchen Preisreduktionen durch den Kunden oder aufgrund von Gewährleistungsarbeiten kommen, wird die Provision entsprechend reduziert“.

Das Handelsgericht St. Gallen ist zunächst vom Gesetz ausgegangen: demnach entfällt der Provisionsanspruch, wenn die Zahlung des Kunden zu einem so großen Teil entfällt, dass die Bezahlung einer Provision nicht (mehr) zugemutet werden kann.

Das Gesetz sagt aber nicht, dass dies nur gilt, falls der Geschäftsherr die mangelnde Zahlung nicht zu vertreten hat (so wie es z.B. im österreichischen Recht basierend auf der EU-Handelsvertreterrichtlinie vorgesehen ist und wie es auch in der juristischen Fachwelt für das Schweizer Recht vertreten wurde).

Das Handelsgericht hat darauf abgestellt, dass die Schweizer Bestimmung (mangels Geltung der EU-Richtlinie) nicht zwingend ist. Die Parteien können also den Provisionsentfall auch für die Fälle vereinbaren, in denen der Geschäftsherr eine Schlechtlieferung zu vertreten hat. Die einzige Grenze ist die grobe Fahrlässigkeit. Die Provision steht also (auch) nach Schweizer Recht voll zu, wenn der Prinzipal grob fahrlässig schlecht geliefert hat.

Nachdem eine grobe Fahrlässigkeit wohl eher die Ausnahme bleiben wird, ist die Regelung de facto (meistens) zulässig, dass der Agent um seine Provision „umfällt“ wenn der Geschäftsherr schlecht liefert. Man sollte also bereits bei Vertragsabschluss darauf achten, dass der Handelsagent in diesem Punkt besser gestellt wird (und zwar so wie es die EU-Richtlinie vorsieht). Freilich kann sich auch betreffend weitere Punkte ein Anpassungs- und Änderungsbedarf ergeben, wenn der Vertrag Schweizer Recht unterliegen soll. Dies bedarf einer Prüfung im Einzelfall.

Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter