Sind einschränkende Provisionsregelungen des Agenturvertrags wirksam? (OLG Hamm 13. 12. 2021)

| Vertriebsrecht

Immer wieder versuchen Geschäftsherren, den Provisionsanspruch des Handelsagenten vertraglich an gewisse Voraussetzungen zu knüpfen oder gar auszuschließen. Dabei geht es auch um die Frage, wie weit der Agent verdienstlich gewesen sein muss…

 

Ein Handelsagent hatte für den Hersteller die exklusive Alleinvertretung für Deutschland, Österreich und die Schweiz für Bekleidung und Schuhe übernommen. Der Lieferant war nicht berechtigt, in diesen Ländern weitere Handelsagenten zu bestellen.

 

Der Handelsagent machte seinen Anspruch auf Buchauszug zur Überprüfung der Provisionsabrechnungen geltend. Der Agenturvertrag enthielt im Abschnitt „Provisionspflichtige Geschäfte“ folgende Bestimmungen:

 

Dem Handelsvertreter steht ein Provisionsanspruch für die von ihm vermittelten und abgeschlossenen Geschäfte zu. Ihm steht ferner ein Provisionsanspruch für die Geschäfte zu, die ohne seine unmittelbare Mitwirkung mit Vertragspartnern zustande kommen, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Provisionsanspruch für Direktgeschäfte des Unternehmens besteht nicht.

 

Nach der Ansicht des Gerichts richtet sich der Provisionsanspruch des Handelsagenten allein nach diesen Regelungen (und eben nicht auch nach der Stellung als „exklusiver Alleinvertreter“).

 

Zunächst war fraglich, wie der erste Satz („für die von ihm vermittelten und abgeschlossenen Geschäfte“) auszulegen ist. Rein sprachlich würde man meinen, dass der Agent das Geschäft nicht nur vermittelt, sondern auch selbst zum Abschluss gebracht haben muss. Das Gericht hat dies aber nicht (so) einschränkend gesehen: der Teil „und abgeschlossen“ ist lediglich eine Wiederholung der gesetzlichen Grundvoraussetzung eines Provisionsanspruchs, nämlich dass überhaupt ein Geschäft zustande gekommen sein muss. Das Gericht betonte, dass der Handelsvertretervertrag wie vorformulierte Geschäftsbedingungen zu behandeln sei, also demnach auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern verstanden werden. Dazu hat das Gericht eine weitere Regelung herangezogen, nämlich dass der Lieferant dem Handelsagenten die Annahme oder Ablehnung eines Geschäfts mitzuteilen hat. Schon daraus ergebe sich, dass ein Provisionsanspruch auch dann besteht, wenn der Geschäftsabschluss vom Unternehmer selbst vollzogen wird.

 

Anmerkung: meines Erachtens spricht auch der zweite Satz der oben zitierten Regelungen für solch ein Verständnis, da für den Provisionsanspruch für Folgegeschäfte auf die ursprüngliche Werbung des Kunden, d.h. die Vermittlung abgestellt wird (und nicht auf die Mitwirkung beim Abschluss).

 

Zur dritten Regelung („kein Provisionsanspruch für Direktgeschäfte“) hat das Gericht darauf verwiesen, dass nicht ausjudiziert ist, ob solch eine Einschränkung in AGB „hält“. Es hat sich dazu (noch) nicht festlegen müssen. Denn in den Buchauszug sind auch diejenigen Geschäftsfälle aufzunehmen, hinsichtlich derer strittig ist, ob überhaupt ein Provisionsanspruch besteht. Dies ist dann eben im Hauptverfahren zu klären, sobald der Buchauszug vorliegt.

 

Der Geschäftsherr darf im Buchauszug nur diejenigen Fälle aussparen, für die zweifelsfrei keine Provision zusteht bzw. zustehen kann. Dieser Grundsatz wird in der Praxis immer wieder zu wenig beachtet, da die Geschäftsherren natürlich versuchen, den Buchauszug von vornherein auf diejenigen Bereiche/Territorien/Produkte etc. zu beschränken, für die sie selbst dem Handelsagenten eine Provision zugestehen (wollen). Auf Letzteres kommt es freilich nicht an, wie auch diese Entscheidung zeigt.

 

Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter

 

Siehe auch die bisherigen Beiträge unter:

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