Provisionsverzichtsklauseln sind sittenwidrig;

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Provisionsverzichtsklauseln sind sittenwidrig: VBSN obsiegen vor dem Handelsgericht Wien (13. 8. 2013)

In Handels- und Versicherungsagentenverträgen ist bisweilen folgende Klausel enthalten: „Mit der Beendigung dieses Vertrags erlischt jeder weitere Provisions- oder sonstiger Anspruch gegen die Gesellschaft.

Unabhängig davon, ob der Agent von sich aus (begründet oder unbegründet) kündigt, der Versicherer kündigt, der Vertrag einvernehmlich beendet wird etc., soll der Agent aus den von ihm akquirierten Geschäften nichts mehr erhalten.

Dies ist für Versicherungsagenten, die aus dem aufgebauten Bestand nichts mehr erhalten würden, naheliegender Weise unangenehm. Ebenso für Handelsagenten, die bei Vertragsbeendigung aus laufenden Geschäften, die erst ausgeliefert werden und insb. auch aus allfällig vermittelten Jahresabnahmeverträgen nichts mehr erhalten sollen.

In einem anhängigen Musterverfahren gegen die Allianz hat nun das HG Wien entschieden, dass eine solche Provisionsverzichtsklausel grob benachteiligend zu Lasten des Agenten ist. Sie verteilt einseitig das Risiko und angesichts dieser für den Agenten nachteiligen Konsequenz ist er faktisch auch in seinen Kündigungsmöglichkeiten eingeschränkt: im Fall der Kündigung müsste er ja mit dem Entfall sämtlicher Provisionen rechnen.

Letztlich wäre der Willkür Tür und Tor geöffnet, wenn es umgekehrt der Versicherer bzw. Geschäftsherr in der Hand hätte, durch eine Vertragsbeendigung sämtliche, weiteren Provisionen entfallen zu lassen. Eine solche Klausel ist unwirksam. Abzuwarten bleibt, ob die Entscheidung „hält“; eine Berufung ist anhängig. Ich werde weiter berichten.

Fristlose Kündigung nach einer Woche verspätet (OLG Linz 13.8.2012)

Die sofortige Auflösung eines Handelsagentenvertrags aus wichtigem Grund muss unverzüglich erfolgen, d.h. in der Regel innerhalb von 3 Tagen nach Bekanntwerden des Grundes. Lässt sich der kündigende Vertragspartner eine Woche Zeit, ist die Kündigung verfristet und daher unberechtigt. Der Ausgleichsanspruch steht dann zumindest dem Grunde nach zu.

Gerichtsstandklausel außerhalb der EU zur Umgehung des Ausgleichs unwirksam (BGH 5.9.2012)

Lieferanten außerhalb der EU vereinbaren mit Handelsagenten, die innerhalb der EU tätig sind, bisweilen einen ausschließlichen Gerichtsstand im Land des Lieferanten. Durch die Gerichtszuständigkeit außerhalb der EU bzw. durch die Anwendung des dortigen Rechts (das eben keinen Ausgleich vorsieht) soll der Agent seinen Ausgleichsanspruch verlieren.

Solche Vereinbarungen waren bereits vom OLG Stuttgart und vom OLG München als unwirksam angesehen worden, nun auch vom BGH. Der Handelsagent kann vor seinem Heimatgericht und nach seinem Heimatrecht klagen.

Lieferant darf auf Kundenwunsch am Händler vorbei liefern (OLG Düsseldorf 21.6.2013)

Ein Hersteller bzw. Lieferant darf unter Umständen, insb. bei Kundenwunsch, den Kunden direkt, d.h. ohne Einschaltung des (Vertrags)Händlers beliefern. Er verstößt dadurch nicht gegen seine Verpflichtungen nach Treu und Glauben. Der Kundenwunsch ist über die berechtigten Interessen des Händlers zu stellen.

 

Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter