Bare und unbare Entnahmen im Licht der verdeckten Sacheinlage, OGH 7. 7. 2017, 6 Ob 165/16g

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Als verdeckte Sacheinlagen werden nach ständiger Rechtsprechung Bareinlagen verstanden, die mit einem Rechtsgeschäft zwischen einer Kapitalgesellschaft und dem einlegenden Gesellschafter in zeitlicher und sachlicher Hinsicht derart gekoppelt sind, dass wirtschaftlich der Erfolg einer Sacheinlage erreicht wird, etwa weil die Barmittel umgehend als Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters an diesen zurückfließen. Dies unter Umgehung der Sacheinlagevorschriften (zB Gründungsprüfung, Festlegung der Einlage im Gesellschaftsvertrag). Die Grundsätze der verdeckten Sacheinlage finden auch im Konzernverhältnis (§ 150 AktG) Anwendung, etwa bei einem Rechtsgeschäft mit Rückflüssen von Barmitteln an die Großmuttergesellschaft.

Typische Anwendungsfälle sind der Verkauf von Anlagegütern an die Gesellschaft nach Bargründung oder Durchführung einer Barkapitalerhöhung (der Kaufpreis fließt hier an den Gesellschafter) oder die Bezahlung von Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft, die im Zeitpunkt der Begründung der Bareinlagepflicht (z.B. Gründung oder Kapitalerhöhung) bereits bestanden („Altforderungen“). Solche Forderungen müssten vom Gesellschafter als Sacheinlage unter Anwendung der Sacheinlagevorschriften eingebracht werden („Debt-Equity-Swap“; OGH 3. 4. 2008, 1 Ob 128/07s).

Die Qualifikation als verdeckte Sacheinlage hat zur Folge, dass die Sacheinlagevereinbarung der Gesellschaft gegenüber unwirksam ist und der Gesellschafter nicht von seiner (Bar-)Einlagepflicht befreit wird. Dies hat insbesondere in der Insolvenz der Gesellschaft gravierende Konsequenzen, wenn der Insolvenzverwalter die (nochmalige) Erfüllung der übernommenen Bareinzahlung von dem Gesellschafter einfordert.

Die Frage der Möglichkeit der Heilung einer verdeckten Sacheinlage wurde bislang vom OGH ausdrücklich offen gelassen (OGH 15. 4. 2010, 6 Ob 162/09f).

In einem aktuellen Fall hat sich der OGH mit der Einbringung eines Einzelunternehmens des Alleingesellschafters in die GmbH ohne Gewährung von Anteilen beschäftigt. Die GmbH wurde tatsächlich erst wenige Tage vor der Einbringung im Wege der Bargründung errichtet. In der Einbringungsbilanz war eine „Vorsorge gemäß § 16 abs 5 Z 1 UmgrstG“ ausgewiesen.

Grundsätzlich ermöglicht § 16 Abs 5 UmgrStG das Einbringungsvermögen (steuerlich rückbezogen auf den Einbringungsstichtag) durch die Rückbeziehung von Entnahmen, die im Rückwirkungszeitraum getätigt wurden (Z 1; „bare Entnahme“) oder durch Begründung einer Verbindlichkeit der übernehmenden Körperschaft gegenüber dem Einbringenden (Z 2; „unbare Entnahme“) zu verändern. In Hinblick auf den Grundsatz der verdeckten Sacheinlage differenziert der OGH zwischen barer und unbarer Entnahme:

Bare Entnahmen mindern zivilrechtlich bloß das Einbringungsvermögen und nicht das Vermögen der übernehmenden Körperschaft. Für einen „Rückfluss der geleisteten Bareinlage“ bedarf es daher weiterer Anhaltspunkte. Ein solcher könnte nach Ansicht des OGH darin liegen, dass die Entnahme fremdfinanziert wurde und die Erfüllung dieser Verbindlichkeit nach der Einbringung die übernehmende Körperschaft mangels in ausreichender Höhe eingebrachter liquider Mittel belastet.

Unbare Entnahmen sind hingegen per se kritisch. Sie begründen eine nach der Einbringung zu erfüllende Verbindlichkeit der übernehmenden Körperschaft gegenüber dem einbringenden Gesellschafter. Werden diesem keine Anteile an der Gesellschaft gewährt, stellt diese Verbindlichkeit nach Ansicht des OGH im Ergebnis ein Entgelt für die Sacheinbringung dar. Es kommt also zu einem Rückfluss der Bareinlage an den Gesellschafter, wenn die Entnahme im eingebrachten Bargeld und anderen liquiden Mitteln keine Deckung findet. Dies wäre nach Ansicht des OGH als Umgehung der Sachgründungsvorschriften anzusehen.