Zum Umfang des Buchauszugs bei Folgeprovisionen (OGH 25. 6. 2021)

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In einer arbeitsrechtlichen Entscheidung hat sich der Oberste Gerichtshof mit dem Umfang des Buchauszugs beschäftigt. Dies ist auch für Handelsagenten interessant…

 

Der Oberste Gerichtshof hat sich in einer jüngst ergangenen Entscheidung zum Umfang des Buchauszugs für einen im Außendienst angestellten Versicherungsvermittler geäußert. Dieser hatte, um seine kollektivvertraglichen Folgeprovisionsansprüche geltend machen zu können, einen Buchauszug über die von ihm vermittelten Versicherungsverträge geltend gemacht.

 

Der OGH hat klargestellt, dass der Buchauszug auch Auskunft über Stornogrund, Erhaltungsmaßnahmen, Gründe für die Beendigung und Konvertierungen zu geben hat. Dies ist auch für Handelsagenten von Bedeutung, wenn diese Provisionen für Dauerverträge (Energielieferverträge, Telekomverträge, Mietverträge, Aboverträge etc.) erhalten. Auch dort ist es für den ausgeschiedenen Handelsagenten von besonderem Interesse, darüber Auskunft zu erhalten, warum die von ihm vermittelten Dauerverträge beendet wurden bzw. ob diesbezüglich Ersatzverträge (in der Versicherungsfachsprache „Konvertierungen“) zustande kamen oder nicht.

 

Auch die weiteren Ausführungen des OGH sind für Handelsagenten durchaus relevant. So hat er festgehalten, und dies betrifft auch Geschäfte über Nicht-Dauerverträge (z.B. Modevertrieb), dass der Buchauszug eben nicht nur jene Geschäfte zu umfassen hat, für die die Provision tatsächlich zusteht, sondern auch jene, für die eine Provision zustehen kann. Der Sinn liegt gerade darin, auch über jene Geschäfte ausreichende Informationen zu erlangen, in denen auf tatsächlicher oder rechtlicher Ebene Streit darüber bestehen könnte, ob sie zu verprovisionieren sind. Mit anderen Worten: es ist nicht der Geschäftsherr, der bei der Erstellung des Buchauszugs (faktisch) darüber zu entscheiden hätte, ob dafür eine Provision zusteht oder nicht. Dies ist vielmehr Sache des Handelsagenten, hier eine allfällige Provision zu prüfen, diese einzuklagen und die Entscheidung darüber dem Gericht zu überlassen. Insofern bezieht sich der Buchauszug immer auch auf die strittigen Geschäftsfälle.

 

Der OGH hat sich auch zur Abgrenzung von Folgeprovision zu Betreuungsprovision geäußert. Auch betreffend Handelsagenten, die Dauerverträge vermitteln, behaupten die Geschäftsherren immer wieder, dass es sich doch um eine Betreuungsprovision handeln würde – und diese würde mit dem Ende des Agenturvertrags entfallen. Auch dazu hat sich der OGH ganz klar geäußert. Auch eine Betreuungsprovision ist im Zweifel ein Erfolgsentgelt für die Vermittlung bereits abgeschlossener Verträge und damit eine Folgeprovision. Dies ist bereits dann der Fall, wenn eine Betreuungsprovision auch ein Erfolgsentgelt für die frühere Vermittlung von Dauerverträgen beinhaltet.

 

Professor Jabornegg, der diese Entscheidung kommentiert hat, spricht in diesem Zusammenhang davon, dass die mannigfachen Betreuungstätigkeiten in Wahrheit auch nichts anderes sind als typische Vermittlungstätigkeiten. Vermittlung und Betreuung sind keine wirklichen Gegensätze sondern bewirken erst insgesamt den Vermittlungserfolg des vom Auftraggeber gewünschten längerfristigen Versicherungsvertrags. Letztlich sind daher sämtliche Provisionen im Zweifel echte Vermittlungsprovisionen. Dafür spricht die bereits bestehende alleinige Erfolgsabhängigkeit der Folgeprovision vom fortdauernden Bestand des vermittelten Versicherungsvertrages.

 

Aus meiner Praxis kann ich sagen, dass in der Praxis zudem gar nicht definiert und auch nicht kontrolliert wird, in welchem Ausmaß die Betreuungsleistungen erforderlich sind bzw. erbracht werden. Einzelne Provisionszahlungen müssten ja sonst gestrichen worden sein, wenn eine bestimmte Betreuungsleistung nicht erbracht worden wäre. Im Detail ist dies aber in aller Regel gar kein Thema.

 

Im vorliegenden Fall war dies noch klarer, als in den Provisionsbestimmungen festgehalten war, dass die Betreuungsprovision „Vergütung für die Akquisition sowie die laufende Betreuung“ ist. Hier hat das Versicherungsunternehmen also selbst gesagt, dass die Betreuungsprovision tatsächlich ein Vergütungsentgelt darstellt.

 

Weiter sollte es ausschließlich im Ermessen des Versicherungsunternehmens bzw. Geschäftsherrn liegen, ohne Angabe von Gründen Versicherungsverträge anzunehmen oder abzulehnen oder auch vorzeitig aufzulösen, womit keine Provisionsansprüche entstehen würden. Diese Klausel wurde als sittenwidrig angesehen. Denn damit hätte es der Geschäftsherr in der Hand, den Provisionsanspruch völlig willkürlich zu vereiteln.

 

Insgesamt also eine durchaus erfreuliche Entscheidung, die mit den zuletzt erwirkten Entscheidungen im Handelsagentenbereich in Einklang steht bzw. diese bekräftigt.

 

Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter

 

Siehe auch die bisherigen Beiträge unter:

https://www.wko.at/branchen/handel/handelsagenten/newsletter-contact-plus.html