Was wurde vereinbart: Fixum, Garantieprovision oder Vorschuss? (OLG Linz 3. 7. 2017)

| Vertriebsrecht

Manchmal sind die Vorstellungen der Parteien unterschiedlich, welche Form einer „Starthilfe“ der Handelsagent erhalten soll. Werden unterschiedliche Begriffe verwendet, die nicht definiert werden, kann es zu teuren Missverständnissen kommen. Das OLG Linz hat einen solchen Fall entschieden….

 

Der Handelsagent sollte für ein deutsches Unternehmen den Vertrieb von Apothekenprodukten im Ostmarkt aufbauen. Beiden Seiten war es klar, dass dies einige Zeit in Anspruch nehmen werde und der Agent daher eine Unterstützung zur Deckung der Anlaufkosten benötigte.

 

Zunächst hat man sich per Email ausgetauscht. Der Geschäftsherr hat darin mitgeteilt, mit einer „Fixpauschale für die ersten drei Monate mitgehen“ zu können [gemeint ab Oktober]. Der Handelsagent war damit aber nicht einverstanden, weitere Überlegungen wurden ausgetauscht. Vor dem Vertragsabschluss hat der Geschäftsherr geschrieben, für die ersten 3 ½ Monate einen „Vorschuss“ zu bezahlen, im Jänner solle dann abgerechnet werden. Im Vertrag selbst war neben dem Provisionssatz von 10% keine Regelung dazu enthalten.

 

Im darauffolgenden Jänner erfolgte keine Abrechnung, sondern die monatlichen Zahlungen von über € 5.000 wurden über Ersuchen des Handelsagenten für weitere Monate gewährt, zunächst bis März, dann bis Juni.

 

Nachdem die Geschäfte nahezu ausblieben, kündigte der Geschäftsherr eben im Juni, also nach 10 Monaten den Vertrag. Er verlangte den Vorschuss (abzüglich den tatsächlich verdienten Provisionen) zurück, insgesamt einen Betrag von € 42.000.

 

Der Handelsagent behauptete eine Vereinbarung eines Fixums. Der Geschäftsherr hatte im Gerichtsverfahren selbst ausgesagt, ihm sei bewusst gewesen, dass der Handelsagent am Anfang ein Fixum brauchen würde. Wörtlich hat er (wieder) von einer „Fixpauschale“ gesprochen.

 

Dies half dem Agenten im Ergebnis nichts. Der Geschäftsführer des Lieferanten hatte sich im Vorfeld – zumindest bei näherem Hinsehen – deutlich geäußert. Er hatte ja geschrieben, dass es ein Vorschuss sein soll, der dann abzurechnen ist. Ein Fixum hingegen wäre ja gerade nicht abzurechnen gewesen. Und im Vertrag selbst stand weder von Fixum noch von Vorschuss etwas. Zudem enthielt der Vertrag die „klassische“ Klausel, dass mündliche Nebenabreden nicht bestehen, also nur der Vertragstext gilt.

 

Der Handelsagent hatte also schlicht nicht genug aufgepasst, ob beide Seiten dasselbe meinen. Er hat offenbar auch nicht geprüft, ob seine Vorstellungen im Vertrag, den ihm der Geschäftsherr vorlegte, hinreichend abgebildet sind.

 

Der Agent hatte es noch mit einem zweiten Argument versucht. Er meinte, die Rückforderung des Vorschusses sei sittenwidrig. Der Geschäftsherr hätte es ihm unmöglich gemacht, erfolgreich tätig zu sein. So hätten erforderliche Codes, Preiskataloge und Lizenzrechte gefehlt.

 

Die Gerichte sind dem nicht gefolgt, denn der Kläger hätte keinen Schadenersatz eingewandt. Sittenwidrig sei die Regelung nicht.

 

Anmerkung: Letzteres ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz, dass die Sittenwidrigkeit einer Klausel im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beurteilen ist. Ein späteres Fehlverhalten des Geschäftsherrn kann also nicht berücksichtigt werden. Der rechtliche Einwand hätte also in eine andere Richtung, nämlich Verstoß gegen Treu und Glauben, gehen müssen. Ein weiteres Argument hätte sein können, dass die Kündigungsfreiheit des Agenten durch eine Rückzahlungsverpflichtung übermäßig eingeschränkt gewesen wäre; wir hatten über entsprechende Gerichtsentscheidungen berichtet (Newsletter 03/2018).

 

 

Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter