Provision und Ausgleich für Mobilfunkverträge (OLG Düsseldorf 31. 1. 2020 und 3. 4. 2020)

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Der Handelsagent ging davon aus, nach dem Vertragsende keine Provisionen für die vermittelten Telefondienstleistungsverträge („Airtime“, Verlängerungen, Anschlussverträge, sonstiges Folgegeschäft) mehr zu erhalten. Er machte daher einen Ausgleichsanspruch geltend. Das Gericht beurteilte also zunächst einmal die Provisionsklauseln im Vertriebspartnervertrag…

 

Die Klägerin hatte mit einem Telekomunternehmen „Vertriebspartnerverträge“ und „Partnershop-Vereinbarungen“ abgeschlossen. Für insgesamt 6 Standorte wurden 6 Verträge unterschrieben, jeder inklusive Anlagen 133 Seiten lang. Für die ersten 24 Monate des vermittelten Mobilfunkvertrags war eine Umsatzbeteiligung von 10% vereinbart („Airtime“). Auch Geräte wurden vermittelt.

 

Die Klägerin war rund 2 Jahre tätig, dann wurde sie gekündigt. Sie machte daraufhin einen Ausgleichsanspruch geltend. Sie hatte im Jahresschnitt rund € 600.000 an Provisionen erhalten. Davon machte sie 1% als Teil-Ausgleich geltend. Inhaltlich beschränkte sie sich auf die pauschale Behauptung, dass sie ja zukünftig Provisionen verlieren würde.

 

Das OLG Düsseldorf holte weit aus. Der Beschluss liest sich teilweise wie ein Rechtsskriptum. Das ist aber nachvollziehbar, handelt es sich doch bei der Entscheidung vom 31. 1. 2020 um einen sogenannten „Hinweisbeschluss“ zur weiteren Orientierung der Parteien vor der Berufungsverhandlung. Die Klägerin hat eine Berufung eingebracht denn in erster Instanz hatte sie verloren. Die Provisionsverluste seien nicht schlüssig dargelegt.

 

Das OLG hatte zwar nach deutschem Recht zu entscheiden – die Entscheidung ist aber auf österreichisches Recht übertragbar.

 

Das OLG hat zunächst Selbstverständliches ausgesprochen, nämlich dass es auf die Bezeichnung des Vertrages nicht ankommt. Auch wenn das Wort „Handelsagent“ oder „Handelsvertreter“ nicht verwendet wurde, lag dennoch ein Handelsagentenvertrag vor. Denn die Klägerin sollte regelmäßig neue Kundenverträge akquirieren.

 

Jetzt zum Ausgleichsanspruch: stehen dem Agenten Folgeprovisionen auch nach dem Vertragsende zu, erleidet er keine Provisionsverluste. Dies ist aber zentrale Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch. Mit anderen Worten: wenn Folgeprovisionen ohnehin weiterlaufen, erhält der Agent insofern keinen (zusätzlichen) Ausgleich. Zunächst war also die Wirksamkeit der Provisionsregelungen zu untersuchen.

 

Für die 24-monatige Dauer der Mobilfunkverträge standen Folgeprovisionen zu („Airtime“). Der Vertriebspartnervertrag enthielt keine Regelung, die diese 24-monatige Laufzeit der Provision im Falle einer zwischenzeitigen Beendigung des Agenturvertrags abkürzen würde. Mit anderen Worten: die Beendigung änderte schon nach dem Vertragstext nichts an den Folgeprovisionen. Daher kann es zu keinem Provisionsentfall (und damit zu keinem diesbezüglichen Ausgleich) kommen.

 

Nach dem Vertragstext sollte der Agent für Verlängerungen der vermittelten Verträge aber keine Provision erhalten. Das OLG verwies auf die Rechtsprechung des BGH: solche Provisionsausschlussklauseln, die in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sind, sind unangemessen benachteiligend und daher unwirksam. Damit stand also ein Provisionsanspruch auch für Verlängerungen zu. Dann kann aber nicht zusätzlich ein Ausgleich verlangt werden. Einen wichtigen Zusatz hat das OLG an dieser Stelle gemacht. Letzteres gilt nämlich auch dann, wenn ein Dritter (also ein anderer Vertriebspartner) oder das Telekomunternehmen selbst den Kunden von der rechtzeitigen Kündigung abgehalten und daher für eine Vertragsverlängerung gesorgt hat. Die Klausel im Vertragswerk, wonach eine Provision nicht bei bloßer Mitursächlichkeit, sondern nur bei ausschließlicher Verdienstlichkeit des Agenten zustehen sollte, widerspricht AGB-Recht und ist damit unwirksam. Die Handelsagentur würde dadurch unangemessen benachteiligt.

 

Gerade dieser Aspekt ist auch für andere Branchen und unabhängig vom Charakter des vermittelten Geschäfts, ob Dauervertrag oder nicht, wichtig. Bisweilen enthalten Agenturverträge die Regelung, dass der Handelsagent das Geschäft „unmittelbar“ vermittelt haben müsse. Im Nachhinein wird dann gerne behauptet, dass diese „Schwelle“ der Verdienstlichkeit nicht erreicht wurde. Das OLG schiebt dem einen Riegel vor.

 

Bei „Anschlussverträgen“, also einem neuen Vertrag anstelle der Vertragsverlängerung, wäre es möglicherweise anders gewesen. Hier kann ein Provisionsausschluss für die Fälle, in denen der Anschlussvertrag durch einen Dritten oder das Unternehmen selbst vermittelt worden ist, wirksam sein. Eine solche Regelung war im gegenständlichen Klauselwerk aber nicht enthalten.

 

Für Anschlussverträge, die die Handelsagentur selbst noch vor dem Ende des Agenturvertrags vermittelt hatte, würde sie nach dem Gesetz einen Provisionsanspruch haben. Das OLG fand im Vertragswerk keine Klausel, die dies ausschließen würde.

 

An dieser Stelle vermisst man eine klare Aussage des OLG, ob eine solche Regelung sittenwidrig gewesen wäre. Grundsätzlich können Einmalprovisionen (sogar auf den betreffenden Kunden bezogen) vereinbart werden. Ob dies aber auch im Massengeschäft (Mobilfunkverträge) und dabei im Rahmen allgemeiner Vertragsbedingungen zulässig gewesen wäre, ist doch eher fraglich.

 

Im Ergebnis erlitt die Klägerin durch die Beendigung des Agenturvertrages Provisionsverluste (nur) betreffend weitere, d.h. zusätzliche Mobilfunkverträge oder für den Erwerb von weiteren Telefongeräten. Insofern hätte die Klägerin genau darlegen müssen, welche Provisionsverluste zu erwarten waren.

 

Die weitere Hauptstoßrichtung der Klägerin ging nach dem Hinweisbeschluss freilich in Richtung der Folgeprovisionen. Insofern hat sie einen Buchauszug geltend gemacht. Diesbezüglich hat das OLG in einer zweiten Entscheidung zwischen denjenigen Informationen unterschieden, die die Klägerin zur Provisionskontrolle benötigt oder eben nicht. So durfte die Klägerin etwa die Anführung technischer Nummern bzw. von Hardware-Marken verlangen, um die Zuordnung zu den Kunden nachvollziehen zu können. Das galt aber nicht z.B. für Informationen über Zahlungen, die das Telekomunternehmen an die Handelsagentur erbracht hat (dies muss die Handelsagentur ohnehin selbst wissen bzw. belegen können). Auch das Begehren über „Veräußerungen von Zubehör“ war dem OLG zu weit und wurde zurückgewiesen.

 

Der konkrete Fall zeigt, dass bei der Geltendmachung von Provisions- und/oder Ausgleichsansprüchen zwischen den Provisionsarten und -regelungen, aber auch beim Begehren auf Buchauszug genau zu differenzieren ist.

 

Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter

 

Siehe auch die bisherigen Beiträge unter

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