Tod eines Gesellschafters – Änderungen durch das ErbRÄG 2015
Mit 1. 1. 2017 sind die Änderungen durch das Erbrechts-Änderungsgesetz (ErbRÄG 2015) in Kraft getreten. Neben vielen sprachlichen Anpassungen, gab es vor allem auch im Pflichtteilsrecht inhaltliche Änderungen, die bei der Vererbung von Gesellschaftsanteilen von Relevanz sein können.
Was bleibt gleich?
OG/KG
Im Fall einer OG führt der Tod eines Gesellschafters nach wie vor zur Auflösung der Gesellschaft (§ 131 Z 4 UGB). Die übrigen Gesellschafter können gem § 141 UGB die Fortsetzung beschließen. Im Gesellschaftsvertrag kann eine Fortsetzungsklausel vorgesehen sein, wonach bei Tod eines Gesellschafters die übrigen Gesellschafter die Gesellschaft ohne die Erben fortführen wollen. In beiden Fällen scheiden die Erben aus der Gesellschaft aus, haben aber gem § 137 Abs 2 UGB einen Abfindungsanspruch. Die Rechtsprechung hat anerkannt, dass der Abfindungsanspruch im Todesfall auch gänzlich ausgeschlossen werden kann (OGH 1 Ob 19/50 u.a.). Allerdings dürfen Pflichtteilsansprüche nicht beeinträchtigt werden (10 Ob 34/97s). Dies ist nach dem ErbRÄG durch den neuen § 781 Abs 2 ABGB klargestellt (siehe dazu noch unten). Die Lehre ist teilweise kritischer und stellt darauf ab, ob die Klausel für sämtliche Gesellschafter gilt; teilweise wird die Notariatsaktsform gefordert (Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, GesR Rz 2/589 ff mwN). In der Praxis empfiehlt es sich, den Gesellschaftsvertrag jedenfalls als Notariatsakt abzuschießen; darüber hinaus ist auch eine Regelung mit sämtlichen pflichtteilsberechtigten Personen empfehlenswert.
Weiters können die Gesellschafter mit einer Nachfolgeklausel vereinbaren, dass die Gesellschaft im Fall des Todes eines Gesellschafters mit seinen Erben fortgesetzt werden soll. Der Erbe kann gem § 139 Abs 1 UGB seinen Verbleib in der OG davon abhängig machen, dass ihm die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt wird. Bei einer qualifizierten Nachfolgeklausel wird als neuer Gesellschafter nur ein bestimmter Erbe unter Ausschluss der übrigen akzeptiert; dieser kann namentlich genannt oder gattungsmäßig umschrieben sein (z.B. „das älteste Kind“). Bei der praktischen Gestaltung von qualifizierten Nachfolgeklauseln ist zu beachten, dass nach manchen Lehrmeinungen die gesellschaftsvertraglichen Regelungen in einer gültigen letztwilligen Verfügung ihre Entsprechung finden müssen (Jabornegg/Artmann, UGB § 139 Rz 7).
Für Komplementäre einer KG gelten dieselben Bestimmungen wie für die OG Gesellschafter. Kommanditanteile sind gem § 177 UGB vererblich, sofern vertraglich keine anderen Regelungen getroffen wurden.
GmbH
Der Tod eines GmbH-Gesellschafters ändert nichts am Bestand der Gesellschaft. Auch an der freien Übertragbarkeit von GmbH-Geschäftsanteilen ändert sich nichts. Geschäftsanteile fallen in den Nachlass und sind vererbbar. Aufgriffsrechte und sonstige Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag sind nach wie vor zu beachten, womit es durch das ErbRÄG 2015 in diesen Fällen gesellschaftsrechtlich zu keinen Änderungen kommt.
Was ist neu?
Pflichteilsrecht
Neu und von Relevanz beim Tod eines Gesellschafters ist das neue Pflichtteilsrecht. Will ein Gesellschafter bei seinem Tod seinen Anteil an eine bestimmte Person übertragen, so muss er dabei auch immer auf (sonstige) Pflichtteilsberechtigte Rücksicht nehmen. Gerade wenn der Gesellschaftsanteil den Großteil des Vermögens darstellt, ist eine gute Vorausplanung erforderlich, um einen ungewollten Anteilsverkauf zur Deckung der Pflichtteile abzuwenden. Zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehören gem § 757 ABGB nur mehr der Ehegatte oder eingetragene Partner und die Nachkommen; den Vorfahren des Verstorbenen kommt kein Pflichtteil mehr zu.
Anrechnung von Zuwendungen
Bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs muss sich der Pflichtteilsberechtigte gem § 780 Abs 1 ABGB alles anrechnen lassen, was er als Erbteil, Vermächtnis oder nach dem Erbfall als Begünstigter einer vom Verstorbenen errichteten Privatstiftung oder vergleichbaren Vermögensmasse erhält. Ein auf diese Weise zugewendeter Vermögenswert ist auch dann auf den Pflichtteilsanspruch anzurechnen, wenn er nicht (sofort) verwertbar ist; dieser Umstand ist allerdings bei der Bewertung zu berücksichtigen. Auf diese Weise können zur Deckung von Pflichtteilen etwa eine Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil oder vinkulierte Gesellschaftsanteile vermacht werden (EBRV 688 BlgNR 25. GP 32).
Ferner ist die Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen gemäß § 781 ABGB zu beachten, die der Pflichtteilsberechtigte oder ein Dritter vom Verstorbenen zu dessen Lebzeiten oder auf den Todesfall erhalten hat. Gemäß § 781 Abs 2 Z 6 ABGB gilt als anrechnungspflichtige Schenkungen auch „jede andere Leistung, die nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt einem unentgeltlichen Geschäft unter Lebenden gleichkommt“. Nach den Materialien können dazu etwa einseitig begünstigende Nachfolgeregelungen in Gesellschaftsverträgen zählen (EBRV 688 BlgNR 25. GP 33; Umlauft, Reform des Erbrechts 139). Damit ist klargestellt, dass eine (qualifizierte) Nachfolgeklausel unter Abfindungsausschluss der übrigen Erben nicht zu einer Beeinträchtigung von Pflichtteilsansprüchen führen darf. Der Nachfolger in den Gesellschaftsanteil kann unter den Voraussetzungen der §§ 781 ff ABGB hinzu- und anrechnungspflichtig und gem § 789 ABGB gegenüber Pflichtteilsberechtigten ausgleichspflichtig werden.
Der neue § 788 ABGB stellt bei der Bewertung einer Schenkung generell – und somit nun auch für bewegliche Sachen – auf den Zeitpunkt ab, in dem die Schenkung wirklich gemacht wurde und passt diesen Wert bei Erbfall durch den Verbraucherpreisindex (VPI) an. Dadurch wird die Planungssicherheit für den Schenker und Beschenkten deutlich gehoben. Wertschwankungen zwischen dem Zeitpunkt der Schenkung und dem Tod – welche gerade bei Unternehmensanteilen auftreten können – sind nicht zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie vom Zuwendungsempfänger zu vertreten sind oder nicht (EBRV 688 BlgNR 25. GP 35 f).
Stundung des Pflichtteilsanspruchs
Das ErbRÄG bezweckt Erleichterungen für den Erben zur Erfüllung der Pflichtteilsansprüche, die gerade auch bei der Vererbung von unternehmerischen Beteiligungen relevant sind.
Gem § 766 ABGB kann der Verstorbene die Stundung des Pflichtteilsanspruchs auf höchstens fünf Jahre nach seinem Tod oder die Zahlung in Teilbeträgen innerhalb dieses Zeitraums anordnen. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann der Zeitraum auf insgesamt höchstens zehn Jahre durch das Gericht verlängert werden.
Außerdem kann der Pflichtteilsanspruch gem § 767 ABGB auf Verlangen eines Erben durch gerichtliche Anordnung gestundet werden. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn er mangels ausreichenden anderen Vermögens seine Wohnung oder ein Unternehmen, das seine wirtschaftliche Lebensgrundlage darstellt, veräußern müsste. Ebenso ist der Geldpflichtteilsanspruch auf Verlangen zu stunden, wenn dessen sofortige Entrichtung den Fortbestand eines Unternehmens erheblich gefährdet. Auch hier sieht das Gesetz eine Verlängerung der Frist auf maximal zehn Jahre vor. Der Begriff des „Unternehmens“ ist weit zu verstehen und umfasst auch Gesellschaftsanteile, die nicht bloß der Wertanlage dienen, sondern dem Erben einen Einfluss auf die Unternehmensführung ermöglichen und damit seine wirtschaftliche Existenz sichern (EBRV 688 BlgNR 25. GP 28).
In beiden Fällen kann das Gericht gem § 768 ABGB dem Erben auf Antrag der Pflichtteilsberechtigten eine Sicherheitsleistung auferlegen. Bei einer Änderung der Umstände, die zur Stundungsregelung geführt haben, ist auch eine Änderung der Stundungsregelung möglich.
Resümee
Die neue Rechtslage nach dem ErbRÄG erleichtert durch Anpassungen im Pflichtteilsrecht die Nachfolge in Gesellschaftsanteile, insbesondere wenn damit ein maßgeblicher Einfluss auf die Unternehmensführung verbunden ist. In jedem Fall bedarf die Nachfolgeplanung von Gesellschaftsanteilen auch weiterhin einer vorausschauenden Gestaltung, sowohl auf gesellschaftsvertraglicher Ebene als auch im Weg letztwilliger Verfügungen.