Berechtigte sofortige Auflösung durch den Geschäftsherrn (OLG Linz 21. 5. 2021)

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Im Vorfeld der sofortigen Beendigung wurde einiges diskutiert. So hatte sich der Handelsagent auf eine vereinbarte Exklusivität berufen und hat versucht, den Geschäftsherrn zu deren Einhaltung zu bewegen. Der Schuss ging aber nach hinten los…

 

Der Handelsagent war seit einigen Jahren für den betreffenden Geschäftsherrn tätig. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht abgeschlossen. Der Handelsagent war für das ihm zugewiesene Gebiet als einziger Agent tätig. Er ist daher davon ausgegangen, dass er ein Exklusivrecht habe, d.h. der Geschäftsherr dürfe keinen anderen Agenten beschäftigen.

 

Eines Tages wurde der Handelsagent von Kunden informiert, dass ein anderer Agent des Geschäftsherrn in seinem Gebiet tätig sei. Daraufhin hat er den Geschäftsherrn um Aufklärung ersucht. In weiterer Folge ging es per Email hin und her: der Handelsagent hat dem Geschäftsherrn eine Verletzung der Exklusivität vorgeworfen; der Geschäftsherr hat sich darauf berufen, dass eine solche nicht vereinbart worden sei.

 

Der Handelsagent fühlte sich hintergangen und formulierte Bedingungen für eine weitere Zusammenarbeit. So solle die Exklusivität schriftlich festgehalten werden und er wolle für die aktuellen Bestellungen die Zusage, dass er die Provision vorab erhält bzw. eine Absicherung durch eine Bankgarantie. Diese aktuellen Bestellungen übermittelte er in der Zwischenzeit „geschwärzt“, also ohne Kundennamen.

 

Der Geschäftsherr lehnte all das letztlich ab und kündigte fristlos. Der Handelsagent übermittelte die vollständigen Kundenbestellungen rund 2 Monate nach dem Vertragsende.

 

Der Handelsagent klagte auf Ausgleichsanspruch, Schadenersatz und die Provision für die übermittelten Kundenaufträge. All das wurde aber abgewiesen. Denn eine Exklusivität sei nicht vereinbart worden. Damit war schon die Grundlage für die aufgetretenen Spannungen zwischen den Vertragsteilen entfallen. Die Kündigung wurde als berechtigt angesehen. Durch seine Forderungen und die Zurückhaltung der (vollständigen) Kundenaufträge war es vielmehr der Handelsagent, der sich rechtswidrig verhalten hat. Damit waren der Ausgleichs- und Schadenersatzanspruch entfallen. Und die Provision für die übermittelten Aufträge konnte er nicht verlangen, da der Geschäftsherr die Waren – behaupteter maßen wegen der verspäteten Übermittlung – nicht mehr produzieren ließ.

 

Das Verfahren zeigt mehreres: zum einen besteht keine „automatische“ Exklusivität, selbst wenn der Handelsagent für ein bestimmtes Gebiet bestellt und der einzige Agent ist (selbst die Bezeichnung als „Gebietsvertreter“ oder „Generalrepräsentant“ genügt nicht). Eine Exklusivität gehört schriftlich vereinbart und sauber und klar ausformuliert (wobei auch Augenmerk darauf zu legen ist, dass die Provisionsregelungen damit im Einklang stehen).

 

In diesem Zusammenhang war dennoch erstaunlich, dass das Gericht das Verhalten des Geschäftsherrn nicht anders gewürdigt hat. Denn einer der beiden Geschäftsführer hatte zwischendurch in einer Email geschrieben, er wisse, dass man den Vertrag gebrochen habe. Das Gericht hat dies im Nachhinein damit relativiert, dass der eine Geschäftsführer nicht in dem Ausmaß in die Vertragsgespräche eingebunden war wie der andere – und außerdem wollte er den Handelsagenten mit dieser Aussage nur beruhigen…

 

Der Fall birgt aber noch eine weitere Facette: denn durch die verzögerte Übermittlung der Kundenbestellungen sei dem Geschäftsherrn ein Schaden entstanden – so der Geschäftsherr, der dies nicht nur für die konkreten Aufträge (fragwürdig genug) sondern auch gleich für zukünftige Jahre geltend macht. Der Handelsagent ist also nun umgekehrt einer Forderung des Geschäftsherrn ausgesetzt. Wir werden weiter berichten.

 

Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter

 

Siehe auch die bisherigen Beiträge unter:

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