FINANZIERUNG UND SANIERUNG – DER VORPROGRAMMIERTE GESELLSCHAFTERKONFLIKT?

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In der Beratungspraxis und Rechtsprechung ist eine Häufung von gerichtlich ausgetragenen Gesellschafterkonflikten zu erkennen. Dies betrifft vor einer angespannten wirtschaftlichen Lage nicht nur die Frage der Finanzierung bzw. Sanierung durch die Gesellschafter, wenn einzelne Gesellschafter die Finanzierungs- bzw. Sanierungsbemühungen nicht mittragen. Auch die Verwässerung von Gesellschaftern bei Kapitalerhöhungen ist ein strittiges Thema. Die aktuelle Judikatur zeigt, was in einem solchen Fall rechtens ist:

1. Verwässerung von Mitgesellschaftern / Angemessenheit des Ausgabebetrages?

Im Falle einer Kapitalerhöhung sind grundsätzlich alle Gesellschafter zur Übernahme der Stammeinlagen im Verhältnis ihrer bisherigen Anteile berechtigt („Bezugsrecht“). Eine Kapitalerhöhung wird nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass ein Gesellschafter wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die neue Stammeinlage zu übernehmen (3 Ob 183/01k) oder dies – aus welchen Gründen immer – nicht tun will (7 Ob 507/81).

Soll die Kapitalerhöhung nur von bestimmten Gesellschaftern oder Dritten (z.B. Investoren) gezeichnet werden, müssen die übrigen Gesellschafter mit qualifiziertem Gesellschafterbeschluss (75%) vom Bezugsrecht ausgeschlossen werden. Ein solcher Bezugsrechtsausschluss ist (unter anderem) nur dann zulässig, wenn mittels Aufgeld („Agio“) ein angemessener, dem Wert des Unternehmens entsprechender Übernahmepreis festgelegt wird. Dadurch sollen die vom Bezugsrechtsausschluss betroffenen Gesellschafter vor einer enteignungsgleichen Verwässerung ihrer Anteile bewahrt werden. Bislang ungeklärt war die Frage, ob auch ohne Bezugsrechtsausschluss (wenn also alle Gesellschafter bei der Kapitalerhöhung „mitziehen“ können) ein angemessener Ausgabebetrag festgelegt werden muss.

Nach Ansicht des OGH (6 Ob 155/12f) ist eine beliebige Festlegung des Ausgabebetrages jedenfalls dann zulässig, wenn kein rechtsmissbräuchliches Motiv des Mehrheitsgesellschafters besteht (z.B. ein langfristig geplanter Hinauswurf des Minderheitsgesellschafters), alle Gesellschafter auch wirtschaftlich in der Lage sind, bei der Kapitalerhöhung mitzuziehen, und letztlich eine Interessensabwägung es eher gebietet, den Kapitalerhöhungsbeschluss bestehen zu lassen (z.B. tatsächlicher Finanzierungsbedarf). Der OGH begründet die Zulässigkeit einer beliebigen Festlegung mit dem ansonsten bestehenden „Erpressungspotential“. Faktisch werden aufgrund dieser Rechtsprechung die Gesellschafter bei beliebiger Festsetzung des Ausgabebetrages allerdings gezwungen, bei der Kapitalerhöhung mitzuziehen, um eine wertmäßige Verwässerung ihrer Anteile zu vermeiden.

2. Kein Bereicherungsanspruch bei asymmetrischer Gesellschaftssanierung

Hintergrund dieser Entscheidung (OGH 6 Ob 47/11x) waren die finanziellen Leistungen der Gesellschafter zur Sanierung einer insolvenzbedrohten Gesellschaft, die von einem Gesellschafter nicht mitgetragen wurden. In weiterer Folge konnte die sanierte Gesellschaft verkauft werden. Auch der sanierungsunwillige Gesellschafter profitierte als „Trittbrettfahrer“ von den Sanierungsmaßnahmen der übrigen Gesellschafter.

Die Finanzierungsverantwortung der Gesellschafter bleibt nach dieser Entscheidung beschränkt: Nachschüsse der Gesellschafter müssen im Gesellschaftsvertrag vereinbart sein. Eine nachträgliche Einführung (oder Erhöhung) durch Mehrheitsbeschluss – also gegen den Willen eines (sanierungsunwilligen) Gesellschafters – ist ausgeschlossen. Auch aus der Treuepflicht kann selbst in Notsituationen keine Finanzierungs- bzw. Sanierungsverpflichtung der Gesellschafter abgeleitet werden. Der sanierungsunwillige Mitgesellschafter kann auch nicht aus dem Titel der Bereicherung an der Sanierungslast „beteiligt“ werden, obwohl dieser von den finanziellen Opfern der übrigen Gesellschafter profitiert.

Es sollte daher rechtzeitig eine risikoadäquate Finanzierung der Gesellschaft, beispielsweise über Mezzaninkapital, sichergestellt werden. Eine „nachträgliche“ Inanspruchnahme von finanzierungs- bzw. sanierungsunwilligen Mitgesellschaftern ist nach dieser Entscheidung ausgeschlossen.

 

Ihr Ansprechpartner: Dr. Lukas Schenk

D1000003