„Zur Vermittlung berechtigt aber nicht verpflichtet“: ist das ein sales agent? (OGH 26. 9. 2024)
Bisweilen findet sich in Verträgen der Passus, wonach der Vertriebspartner zur Vermittlung berechtigt ist. Ist das dann ein sales agent oder ist dazu eine Verpflichtung erforderlich?
Vertragliche Regelung
Der Vertriebspartnervertrag regelte, dass ein „Versicherungsmakler ermächtigt“ sei, Geschäfte zu vermitteln. Eine diesbezügliche Verpflichtung war nicht enthalten.
Bezeichnung nicht entscheidend
Zunächst ist festzuhalten, dass die Bezeichnung des Vertrags oder auch der Parteien als – hier „Makler“ – nicht entscheidend ist. Der Bezeichnung kommt allenfalls eine gewisse Indizwirkung zu. Die rechtliche Einordnung erfolgt aber in erster Linie nach dem Vertragsinhalt. Das gilt ganz allgemein und auch für die Frage, ob eine Tätigkeit als sales agent vorliegt. Insofern stellt sich diese Problematik auch hier.
Ständige Betrauung
Eine Tätigkeit als sales agent setzt nach der gesetzlichen Definition eine ständige Betrauung voraus (§ 1 Handelsvertretergesetz – HVertrG). Das bedeutet nicht, dass der Agent im wahrsten Sinne des Wortes „ständig“ tätig sein müsse (eine solche Arbeitszeitvorgabe wäre mit seiner selbstständigen Stellung nicht in Einklang zu bringen). Auch dass eine Geschäftsverbindung auf Dauer angelegt ist (ersichtlich z.B. aus Kündigungsfristen oder der Ausgestaltung der Provisionsvereinbarung), ist für sich allein nicht entscheidend.
Ebenso wenig relevant ist eine faktisch gelebte Exklusivität. Im entschiedenen Fall hat der Vermittler ausschließlich für seinen Vertragspartner akquiriert. Der OGH hat betont, dass dies ja auf eine wirtschaftliche Entscheidung zurückgeht und nicht auf eine vertragliche Verpflichtung. Ob damit bei einer vertraglich vereinbarten Exklusivität anderes gelten würde, wird hier zwar angedeutet, bleibt aber zweifelhaft. Denn das Konkurrenzverbot ist Rechtsfolge eines Handelsvertretervertrags und keine Voraussetzung dafür. Es ist ja nicht zwingend zu beachten; es kann vereinbart werden, dass der Agent auch einen Konkurrenten vertritt.
Was aber hinreichend geklärt ist: nach der Rechtsprechung kann eine ständige Betrauung nur dann vorliegen, wenn die Tätigkeit auf die Vermittlung einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften gerichtet ist. Ist hingegen ein einzelnes Projekt betroffen, wäre dies nicht der Fall.
Verpflichtung zur Tätigkeit
Dass der Vertrag auf Dauer angelegt ist, ist also erste Voraussetzung für einen Handelsvertretervertrag. Das allein sagt aber final noch nichts aus. Denn nach der Ansicht des OGH kann dennoch ein Maklervertrag vorliegen. Das entscheidende Abgrenzungskriterium zwischen Handelsvertreter- und Maklervertrag ist nämlich die Tätigkeitsverpflichtung. Eine bloße Ermächtigung oder Berechtigung, Verträge zu vermitteln, reicht nicht aus. Im konkreten Fall wurde also entschieden, dass ein Maklervertrag vorlag.
Folgen für die Praxis
Ist in einem Vertrag vorgesehen, dass der Vermittler „berechtigt aber nicht verpflichtet“ ist, ist zwar noch nicht alles verloren. Es zählt auch der übrige Vertragsinhalt, aus dem sich (dennoch) eine Tätigkeitspflicht ergeben kann. Auch die gelebte Vertragspraxis kann zeigen, dass der Vermittler im Ergebnis dennoch wie ein sales agent gehandelt hat und vom Lieferanten auch so behandelt wurde. Diese Fälle sind aber ungleich schwieriger dem Handelsvertreterrecht zu unterstellen; rechtliche Unsicherheiten sind also vorprogrammiert.
Ein sales agent sollte daher darauf achten, dass der Vertrag seine Tätigkeit richtig umschreibt. Floskeln wie, er sei nur „ermächtigt“, „berechtigt“, aber „nicht verpflichtet“, sind also zu vermeiden, um nicht den Schutzstandard nach dem Handelsvertretergesetz zu verlieren.
Dazu kommt, dass die rechtliche Einordnung mit dem tatsächlichen Auftreten und den wahrgenommenen Verantwortlichkeiten zusammenpassen muss. Tritt ein sales agent als Makler auf, kommt es ebenso zu Interessenskollisionen wie umgekehrt. Denn der sales agent ist verpflichtet, die Interessen des Geschäftsherrn wahrzunehmen und kann deshalb nicht die Interessen des Kunden wahrnehmen, wie es ein Makler tun müsste und umgekehrt. Hier können sich allenfalls auch Haftungsfragen ergeben.
Ihr Ansprechpartner: RA Dr. Gustav Breiter
Siehe auch die bisherigen Beiträge unter:
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