Vertragsübernahme durch eine GmbH und Ausgleichsanspruch (OGH 21. 7. 2020)

No Tags | Vertriebsrecht

Ein Subagent hatte zunächst einen Vertrag mit einem Einzelunternehmen. Dieses wurde in eine GmbH eingebracht. Offen war noch der Ausgleichsanspruch. Das Gericht musste zunächst beurteilen, ob der Subagent nun einen oder zwei Verträge hatte…

 

Der Subagent hatte zunächst einen Agenturvertrag mit einer natürlichen Person, also einem Einzelunternehmen. Im konkreten Fall ging es um einen Versicherungsagenten; die Entscheidung ist aber auf Handelsagenten übertragbar.

 

Der Vertrag lief zunächst von 2011 bis Oktober 2013. Dann brachte der Hauptagent sein Einzelunternehmen in eine GmbH ein. Der Subagent unterschrieb einen im wesentlichen gleichlautenden Vertrag mit dieser GmbH im Februar 2014.

 

Die Zusammenarbeit war nicht wirklich friktionsfrei: der Hauptagent beendete im Juni 2016 fristlos. Über Vermittlung des Regionaldirektors setzte man die Zusammenarbeit fort – und schloss den nächsten, mit Juli 2016 datierten Vertrag.

 

Ende August 2017 wurde der Vertrag dann endgültig gekündigt.

 

Der Subagent machte geltend, dass er doch bei Unterfertigung des Vertrags mit der GmbH im Februar 2014 vereinbart hätte, dass er seinen (damaligen) Ausgleichsanspruch behält. Die Fälligkeit sei bloß aufgeschoben worden. Das sei mit dem Regionaldirektor der Versicherung vereinbart worden. Dieser sei mit Anscheinsvollmacht des Hauptagenten ausgestattet gewesen. Der Regionaldirektor habe ja für ihn gesprochen. Und der Vertrag mit dem Einzelunternehmen sei sowieso parallel zum neuen Vertrag mit der GmbH weiter gelaufen. Geklagt hat er daher den (zumindest früheren) Hauptagenten ad personam, nicht aber die GmbH.

 

Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen: die GmbH hat den Vertrag übernommen. Nur sie aber nicht der frühere Einzelunternehmer könne geklagt werden.

 

Das Berufungsgericht hingegen gab dem Kläger recht: der Vertrag mit dem Einzelunternehmen hätte weiter bestanden. Der Regionalleiter hätte für den Beklagten verhandelt und vereinbart, dass der Ausgleich bei der Beendigung des Vertrags mit der GmbH fällig werde.

 

Der OGH hat dazu klare Worte gefunden:

 

  1. Durch die Einbringung des Einzelunternehmens in die GmbH kam es zu einer Vertragsübernahme. Die GmbH trat an die Stelle des Beklagten. Auch die Kundenbestände gingen auf die GmbH über und diese zahlte die Provisionen. Der Beklagte hingegen war nicht mehr Vertragspartner und kann deshalb nicht geklagt werden.

 

  1. Eine Anscheinsvollmacht liegt nur vor, wenn der (vermeintlich) Vertretene (also der Beklagte) diesen Anschein setzt. Das hat er aber nicht getan. Der OGH kritisierte an dieser Stelle das Berufungsgericht, gar nicht vom Sachverhalt ausgegangen zu sein.

 

  1. Zudem sei der Regionaldirektor nur vermittelnd aufgetreten. Er hat einen Ausgleich gar nicht zugesagt (auch an dieser Stelle ist das Berufungsgericht nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgegangen).

 

Es ist schon bemerkenswert, wie der OGH die Ansicht des Berufungsgerichts rundweg abgelehnt hat nämlich rechtlich wie faktisch, d.h. auch was den maßgebenden Sachverhalt anlangt. Ein Aspekt kam dabei sogar noch zu kurz: der Subagent hat nämlich stets seine Folgeprovisionen erhalten, auch noch nach der Kündigung des letzten Vertrags. Dies aus allen Verträgen, die er seit 2011 vermittelt hatte. Daher wäre eine Vereinbarung, wonach ein „alter“ Ausgleichsanspruch parallel dazu bestehen solle, schon sehr ungewöhnlich. Dies würde im Ergebnis eine doppelte Zahlung bedeuten.

 

Gerichte urteilen, wie man hier sieht, bisweilen diametral unterschiedlich. Gerade deshalb sollte in der Vertriebslandschaft stets auf klare, abschließende Regelungen geachtet werden, damit es nicht im Nachhinein zu „Auslegungsschwierigkeiten“ oder Missverständnissen kommt.

 

 

Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter

 

Siehe auch die bisherigen Beiträge unter

https://www.wko.at/branchen/handel/handelsagenten/newsletter-contact-plus.html