Share-Deal bei einer Unternehmensgruppe – Achtung bei Eigenkapitalgarantie!

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In der Entscheidung des OGH vom 22. 9. 2016, 3 Ob 76/16x ging es um den Kauf einer Unternehmensgruppe, wobei alle Anteile an der Muttergesellschaft, einer Holding GmbH („Holding“), veräußert wurden. Dem Anteilskauf- und Abtretungsvertrag von Jänner 2007 lag der geprüfte Jahresabschluss der „Betreiber GmbH & Co KG“ zum Stichtag 31. 12. 2006 zu Grunde, der als Basis für die Kaufpreisermittlung und die im Vertrag festgelegten Garantien diente. Im Anteilskauf- und Abtretungsvertrag wurde unter anderem eine Eigenkapitalgarantie der KG im Ausmaß von EUR 1.150.000,- vereinbart. Die Klägerin forderte den Differenzbetrag zwischen dem im Jahresabschluss 2006 ausgewiesenen negativen und dem im Vertrag garantierten Eigenkapital.

 

Im Frühjahr 2007 wurde der Geschäftsführer der Klägerin vom Abschlussprüfer informiert, dass eine Wiedereröffnung, Ergänzung und Neutestierung der Jahresabschlusses der KG zum 31. Dezember 2005 notwendig wäre. Dies wurde auch umgesetzt. Aufgrund der Bilanzkontinuität führte die Änderung der Bilanz 2005 jedoch zu einer Bilanzberichtigung des Jahresabschlusses zum 31. 12. 2006. Diese Berichtigung im Jahresabschluss 2006 führte zu einer Ergebnisminderung von rund EUR 835.000,-. Strittig war nun, ob die korrigierte Bilanz 2006 für die Ermittlung des Eigenkapitals der KG im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses herangezogen werden durfte – schließlich hing damit auch die abgegebene Eigenkapitalgarantie des Beklagten und dem von ihm zu zahlenden Differenzbetrag zur Garantie zusammen.

 

Die Gerichte haben im Verfahren festgestellt:

– Die Änderung der Bilanz im Jahresabschluss zum 31. 12. 2015 war berechtigt und erforderlich. Die darauf basierende Bilanzberichtigung im Jahresabschluss 2006 ist daher nach dem Grundsatz der Bilanzvorsicht und der Wertaufhellungstheorie gemäß § 201 Abs 2 Z 4 lit b UGB zu Recht erfolgt.

 

– Da redliche Parteien von einem richtigen und korrekten Jahresabschluss zum Stichtag 31. 12. 2006 ausgehen hätten wollen, war für die Ermittlung des Eigenkapitals der korrigierte Jahresabschluss 2006 maßgeblich.

 

Bei Verträgen über einen Share-Deal kann es daher Bemessungsgrundlagen geben, deren Variablen sich nachträglich verändern und – zulässigerweise (!)- rückwirkend auf den Vertrag Einfluss nehmen können. Es liegt an einer vorausschauenden Vertragsgestaltung, für solche Fälle Vorsorge zu treffen.

 

Im weiteren Verfahren vor dem OGH war strittig, ob für die Ermittlung des Eigenkapitals der KG wechselseitige Forderungen und Verbindlichkeiten innerhalb der verkauften Unternehmensgruppe zu berücksichtigen sind. Konkret hatte die Holding-GmbH bei Kaufvertragsabschluss eine Forderung von rund EUR 1.545.000,- gegenüber der KG, die im Jahresabschluss der KG zum 31. Dezember 2006 eigenkapitalmindernd verbucht war. Sollte diese Forderung jedoch im Sinne einer konsolidierten Betrachtung wertneutral betrachtet werden, wäre sie nicht eigenkapitalmindernd und die Haftung aus der Eigenkapitalgarantie wäre entsprechend geringer.

 

Die Vertragsparteien haben zum allgemeinen Umgang mit wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten und deren Berücksichtigung im Zusammenhang mit dem garantierten Eigenkapital im Vertrag nichts vereinbart. Auch eine Definition des Begriffs „Eigenkapital“ wurde im Vertrag nicht gesondert festgehalten.

 

Der OGH hielt dazu fest, dass die Eigenkapitalgarantie sich nach dem Vertragswortlaut auf das Eigenkapital der KG bezog. Dass sich mit dem Verkauf der Unternehmensgruppe, wirtschaftlich betrachtet, die wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten für den Käufer dieser Gruppe tatsächlich wertneutral darstellen, steht einer Eigenkapitalgarantie bezogen auf ein bestimmtes, einzelnes Gruppenmitglied nicht entgegen. Eine konsolidierte Gesamtbetrachtung des Eigenkapitals ist bei der abgegebenen Eigenkapitalgarantie daher nicht vorzunehmen.

 

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass bei der Abgabe einer Eigenkapitalgarantie jedenfalls der Begriff des „Eigenkapitals“ ausdrücklich definiert werden sollte. Darüber hinaus sollte ausdrücklich geregelt werden, wie mit den wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern umgegangen werden soll.

 

Ihre Ansprechpartner: Dr. Günther Viehböck / Dr. Florian Linder