Sales agent oder Arbeitnehmer? (OLG Linz 19. 1. 2025)
Ist der sales agent in den Betrieb des business partners eingebunden, stellt sich oft die Frage, ob er denn nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist…
Der konkrete Fall
Die betreffende Gesellschaft war in Insolvenz geraten. Der Kläger machte das Insolvenz-Entgelt für seine Abfertigung geltend. Er war im Jahr 1996 zunächst 4 Monate als Angestellter für die Gesellschaft tätig, ab Dezember 1996 hatte er einen „Handelsvertretervertrag“. Der Kläger behauptete jedoch, er sei weiterhin tatsächlich als Angestellter anzusehen.
Der Vertrag enthielt Regelungen wie sie durchaus für Handelsagentenverträge üblich sind. Auffällig war im Hinblick auf eine allfällige Stellung als Dienstnehmer nur die explizit hervorgehobene Berichtspflicht („wird laufend berichten und die Weisungen des Geschäftsherrn bezüglich Form und zeitliche Folge dieser Berichte einhalten“). Zudem war im Vertrag ein Konkurrenzverbot enthalten (dies gilt aber ohnehin – sofern nicht anders vereinbart – auch für jeden sales agent).
Es kam also in erster Linie auf die gelebte Praxis an. Immerhin hatte der Kläger beim Geschäftsherrn ein eigenes Büro mit seinem Namen am Türschild und auch Visitenkarten. Die Marketingabteilung wies ihm Kundentermine zu. Der Kläger hatte auf Verkaufsveranstaltungen Produkte wie Kochgeschirr, Küchenmaschinen oder Matratzen vorzustellen. Er konnte sich dabei nur nach Absprache und nur durch andere Mitarbeiter vertreten lassen. Er hatte die in Schulungsunterlagen enthaltenen Leit- und Richtlinien zu befolgen. Er musste Tagesberichte erstatten. Die Vertreter mit unterdurchschnittlichen Verkaufszahlen bekamen keine Termine mehr zugeteilt.
Die Entscheidung der Gerichte
Das OLG Linz hat zunächst die Kriterien aufgezählt, die für ein Angestelltenverhältnis sprechen, nämlich Berichtspflicht, Weisungsgebundenheit, Konkurrenzverbot, Zuweisung eines bestimmten Rayons, kein eigener Gewerbeschein, Fixum, Erledigung auch von Innendiensttätigkeiten, Bindung an Dienstzeiten und Anspruch auf Spesenersatz. Wie immer kommt es auf ein „Überwiegen im Sinne einer Gesamtschau“ an.
Die ersten drei Punkte waren gegeben, die restlichen jedoch nicht. Das Gericht betonte, dass es keine Fixtermine gab (denn die zugeteilten Termine konnten sanktionslos abgelehnt werden). Auch wurde kein Fixum bezahlt, sondern nur eine umsatzabhängige Provision. Mit Ausnahme der Tagesberichte gab es keine Kontrolle. Reisespesen wurden nicht vergütet und der zur Verfügung gestellte Laptop wurde von den Vertretern angemietet.
Die Qualifikation als Arbeitsvertrag wurde also verneint.
Folgen für die Praxis
Die Entscheidung wahrt durchaus die Balance bei der Entscheidung zwischen dem Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses im Unterschied zu einem Handelsvertretervertrag. Bemerkenswert ist, dass aus der Verpflichtung zu Tagesberichten noch keine Kontrolle des Geschäftsherrn im arbeitsrechtlichen Sinne abgeleitet wurde. Obwohl der Umsatz für den Erhalt weiterer Termine maßgebend war, wurde eine mittelbare Bindung an die eingeteilten Termine nicht angenommen.
Ihr Ansprechpartner: RA Dr. Gustav Breiter
Siehe auch die bisherigen Beiträge unter:
https://www.wko.at/branchen/handel/handelsagenten/newsletter-contact-plus.html